verschiedenförmige Würfel
Kurzgeschichten,  Rollenspiel

Yara 41 – Theorien und Geschichte Sigils

Am Morgen war weit und breit kein Karan zu sehen. Entgegen unserer Hoffnung war er nachts nicht zu uns gekommen.
Mielikki hatte mir in dieser Nacht «Pain» zugeflüstert.
«Hm… Lady of Pain vielleicht?», vermutete Tappser, als ich es den anderen erzählte. Das hatte ich auch schon vermutet…
Wir berieten, was zu tun war.
«Dann müssen wir eben weiter in der Stadt nach Karan suchen, irgendwo wird er schon wieder auftauchen», meinte Arthur hilfreich.
«Oder bei irgendwem…»
Nilo packte seine paar Sachen zusammen, erhob sich und meinte: «Danke, dass ihr meine Dienste in Anspruch genommen habt, ich hoffe, sie waren zufriedenstellend. Ich werde dann wieder gehen.»
«Ähh nein, das passt schon, wir bezahlen dich noch für eine Nacht», hielt ich ihn vom Gehen ab.
«Äh aber ich weiss gar nicht, wieviel das kostet.»
«Das handeln wir dann mit deinem Chef aus, wenn wir deine Dienste nicht mehr benötigen. Solange kannst du bei uns bleiben.»
«Hm, okay», Nilo schien erleichtert zu sein.
«Hattet ihr nicht heute einen Termin bei Arwyl Swan’s Son?», erinnerte sich Arthur.
«Naja, Termin ist wohl zuviel gesagt, wir sollten glaube ich nach zwei Tagen nochmal für einen Termin nachfragen gehen.»
«Ah, naja, irgendwie war da jedenfalls was.»

Ich versuchte Karan eine magische Äthernachricht zu schicken. «Hallo Karan, wie geht es dir und wo bist du? Wie können wir dir helfen? Oder müssen wir dich wieder mal retten kommen? Hahaha!»
Dann wartete ich. Und wartete…und wartete aber es kam keine Antwort. Das konnte natürlich viele Gründe haben. Er könnte in einer anderen Dimension sein, schlafen oder es bestand eine Chance von eins zu 20, dass die Nachricht einfach nicht angekommen war. Oder Karan war tot… Daran wollte ich gar nicht denken.
«Gibt es denn noch etwas mit Pain im Namen?», wollte ich stattdessen wissen. «Hat die Lady noch Bewacher wie eine Army of lesser Pain oder so etwas?»
«Nein aber ihre Beschützer sind Darbusse, die sehen ähnlich aus wie Tieflinge, nur mit mehr Haaren, auch an den Hörnern. Ausserdem haben ihre Gesichtszüge etwas Fischiges. Das letzte Mal waren die Darbusse zur grossen Säuberung zu sehen gewesen, hat mir meine Grossmutter erzählt.» Arthur schien es zu gefallen, uns eine Geschichtslektion geben zu können.
«Grosse Säuberung?», davon hatte Cinar auch noch nichts gehört.
Arthur fuhr fort: «Ja, es gab eine grosse Bedrohung, die Sigil fast ausgelöscht hätte. Da kamen die Darbusse und die Lady of Pain und haben die Aufwiegler und alle die, die sonst etwas damit zu tun hatten, ausgelöscht. Danach wurde Sigil neu besiedelt.»

Bild von Ri Butov auf Pixabay

Kurz daraufhin machten wir uns zum Gefängnis auf, um nach einem Termin mit Arwyl Swan’s Son zu fragen. Es waren ausserordentlich viele Soldaten unterwegs, überhaupt schien die Stadt viel unruhiger zu sein, als sonst. Die Wachen schienen viel zu tun zu haben und griffen härter durch als zuvor. Als ob sich im Hintergrund irgendwas zusammenbrauen würde. Alle schienen irgendwie geladener, die Aggression lag allen unter der Haut. Nur Eule blieb unbekümmert, oder bekam davon einfach nichts mit.
Uns kamen beim Spaziergang durch die Gassen einige Gerüchtfetzen zu Ohren: Der Xaositects Mörder habe das Factol Hashkar vom Fraternity Order getötet. Der Mörder habe wohl ursprüglich im Gefängnis gesessen, sei aber die Nacht begnadigt worden. Der wahre Kern dieses Gerüchts schien nicht wirklich ergründbar zu sein, an jeder Ecke war es etwas anders zu hören.
«Noch ein totes Factol…»; murmelte ich.

Beim Gefängnis, dem neuen Sitz der Sons of Mercy, war es relativ ruhig. Ich schob Tappser vor zur Empfangsdame, die eute ein violetter Tiefling war.
Wir bekamen auch prompt noch einen Termin für denselben Abend. Eine Stunde vor Nachteinbruch. Und Tappser hielt beim Weggehen ein Anmeldeformular der Sons of Mercy in der Hand.
Dann gingen wir nochmals zu den Baracken, um nachzusehen, ob jetzt jemand da war, der uns Auskunft über diesen Magiesensor geben konnte. Unterwegs dahin hörte ich schon wieder ein Gerücht, das ich davor nicht gehört hatte, vielleicht war es auch relativ neu und hatte die Runde (haha!) noch nicht gemacht: Factol Rowen Darkwood sollte ebenfalls verschwunden sein. Er war das Factol der Fated, das neben Arwyl Swan’s Son auf dem Petitionsplatz gestanden hatte, als dieser seine Rede gehalten hatte. Auch die Leute, von denen ich das Gerücht hörte schienen von den Fated zu sein.
Ich fragte die anderen, ob sie diese Neuigkeit auch schon gehört hatten.
«Das sind ja drei Factole innerhalb eines Tages! Welche Fraktion hat dann überhaupt noch ein Factol?», rief Tappser überrascht aus.

Bei den Baracken angekommen, herrschte dort wie am Tag zuvor viel Trubel. Es war relativ chaotisch. Nach kurzer Nachfrage wurden wir zu Shatt Charrbaxi geleitet, der im Observationsraum sass. Mit einem Wasserspiegel! Ich war begeistert! Er war ausserdem sehr stattlich anzusehen: ein Tabaxi mit Hörnern und Hufen statt Hinterpfoten.
«Sind die Hörner und Hufe echt?», fragte ich ohne Scham.
«Naja…. Arbeitsunfall…»
«Ach, das kennen wir gut!», ich erzählteihm von den morphischen Veränderungen, die wir im Knopfraum erfahren hatten.
Herr Charrbaxi zeigte uns im Wasserspiegel, was gestern geschehen war. Karan hatte an den Gitterstäben gerüttelt und gerufen, dass er herausgelassen werden sollte. Dann verschwamm das Bild, es entstanden Wellen auf dem Spiegel und als das Wasser sich wieder beruhigt hatte, war die Zelle leer.
«Etwas scheint unsere sämtlichen Überwachungszauber letzten Abend gestört zu haben. Was genau es war, ist unklar.»
Der Magier vermutete, dass der Attentäter, der das Harmoniumfactol gestern getötet hatte, zu den Anarchisten gehörte. Und die Doomguard hatte die Munition geliefert, da der Pfeil, mit dem er getötet worden war, eindeutig ein Doomguard Pfeil gewesen war. Doch ob das alles nur ein elaborierter Scherz war, der die Aufmerksamkeit oder den Verdacht vom eigentlichen Mörder ablenken sollte, war nicht klar.
Wir sinnierten noch eine Weile über die Lage Sigils nach. Es gab wohl eine Theorie, dass die Lady of Pain ihre Kraft aus Sigil zog und jemand nun versuchte, sie zu schwächen, indem er die Ordnung in Sigil durcheinander brachte. Oder die Lady liess es zu, weil sie ihre Kraft durch Chaos in ihrer Stadt gewann…?
Herr Charrbaxi wusste nicht allzu viel zu diesem Thema zu berichten, riet uns aber, Theodor beim Shattered Temple aufzusuchen und ihm einen Gruss auszurichten. Er könnte mehr zu dem Thema wissen. Shatt seinerseits würde sich auch sehr über jegliche Neuigkeiten von Theodor freuen. Was für eine Odyssee.

Auf dem Weg zum Shattered Temple kamen wir wieder am Tempel von Azatoth vorbei, den wir so toll verschönert hatten. Mittlerweile war er von einem Gerüst umgeben und die Priester waren fleissig dabei, das druch uns reingesprengte Loch zuzumauern. Die Doomguard gab auch immer noch Waffen aus. Theoretisch könnte jeder den Pfeil auf das Factol des Harmoniums abgegeben haben.
Je mehr wir Richtung Foundry District kamen, desto heruntergekommener wirkte alles. Auch waren die Strassen immer verlassener. Ich hätte aber schwören können dass ich, je näher wir dem Shattered Temple kamen, desto mehr Stimmen aus den Seitengassen hörte, die uns dort hineinlocken wollten. Der Tempel selbst schien eine ehemals sehr prunkvolle Kathedrale gewesen zu sein. Sie war aber mittlerweile in sich zusammen gefallen und komplett zerfallen. Die untere Ebene wurde durch die Athar als Hauptquartier genutzt. Einige in Roben gekleidete Personen gingen ihren Studien nach, andere in Kittel gekleidet, trugen Glaskartuschen, Boxen, Reagenzien oder sonstige alchemistisch aussehende Sachen herum.
Eule ging auf die nächstbeste Person zu, zeigte auf sie und rief: «Theodor!»
Die Person blieb gelassen: «Ich bin nicht Theodor, tut mir leid. Kann ich sonst helfen?»
«Gibt es hier einen Theodor?»
«Bestimmt! Also ich kenne zwar keinen Theodor aber es gibt bestimmt einen. Im Tempel ist eine Liste der Mitglieder der Athar ausgelegt, im Mittelschiff das grosse Buch, seht doch dort mal nach.»

Bild von Christian Klein auf Pixabay

«Hier müsste mal renoviert werden», bemerkte Tappser, als wir die zerfallene Halle betraten.
Ihre pompöse Architektur war ihr noch anzusehen, doch mittlerweile bröckelte alles. Ganz vorne im Kirchenschiff lag wie beschrieben ein grosses Buch auf einem Altar. Die Liste der Mitglieder. Theodor war durch die alphabetische Sortierung ganz einfach zu finden. Er sollte im Gang 3 Zimmer 62 wohnen. Ein Echsenmensch zeigte uns den richtigen Gang.
Alles war schon lange eingestürzt und die Trümmer weggeräumt. Die Türen waren nummeriert und so war die 62 schnell aufzufinden. Es war eine rustikale Tür mit dem Namen Theodor beschriftet. Laut Beitrittsdatum, das auf der Tür stand, war Theodor schon über 200 Jahren dabei! Wir klopften und wurden hereingebeten.
An einem massiven alten Sekretär, der mitten im Zimmer stand, sass ein Geist, der über Bücher gebeugt war.
Ach, jetzt machte das alles so viel Sinn! Auch die ganzen Stimmen, die uns in die Gassen locken wollten waren wohl Geister gewesen!
Wir richteten Theodor die Grüsse von seinem Freund aus und trugen ihm unsere Theorie vor. Ich erzählte ihm auch davon, dass Mielikki nachts zu mir sprach und wir so auf diese Nachforschungen zur Lady of Pain gekommen waren.
Er glaubte allerdings nicht, dass die Lady of Pain mit den ganzen aktuellen Geschehnissen etwas zu tun hatte. Es schien ihm plausibler, dass jemand versuchte ihr zu Schaden. Was genau dahinter steckte konnte er allerdings auch nicht erahnen. Und er gab uns eine interessante Geschichtsstunde:
«Damals, als Sigil noch jung war, gehörten die Stadt und die Lady noch nicht zusammen. Sigil gehörte dem Gott Aros Kah. Im Streit mit ihm, dem Gott der Portale und Türen, vernichtete die Lady of Pain den Gott und riss die Macht an sich. Was wir momentan vermuten ist, dass die beiden eine Symbiose eingegangen sind und beide nicht ohne einander sein können. Zu der Zeit der Auseinandersetzung wurde der Tempel auch vernichtet. Die Lady of Pain ist allerdings keine Gottheit, sondern ein Wesen von besonderer Macht. Zwar wie alle anderen Götter auch, doch lehnt sie selbst diese Bezeichnung ab.»
«Und was sind die Dabusse?»
«Wie jeder Gott sein Gefolge wie beispielsweise Engel hat, oder auch die Asimar, die ihrem Gott blindlings folgen oder so ein Schwachsinn (Cinar hustete bei diesen Ausführungen laut auf), hat auch die Lady of Pain ihre Diener. Fest steht jedenfalls, dass irgendjemand im Hintergrund die Fäden zieht und die Stadt gegen sich selbst aufwiegelt. Vermutlich ist es einfach ein Machtkampf.»
«Vielleicht möchte jemand die Lady of Pain ablösen?»
«Das wäre äusserst gewagt. Es wurde auch schon versucht und obwohl der Magier vor einigen Jahrhunderten sehr mächtig war, war er der Lady nicht gewachsen. Er wurde vernichtend geschlagen und in einem Stein versiegelt.
Ihr sagtet eine Göttin spricht zu euch? Das ist unmöglich hier in Sigil. Die Götter schenken in der Regel dem Zaubernden einen Teil ihrer Kraft. Einerseits verstärken sie so in der Welt ihre eigene Kraft und andererseits können Zaubernde so ihre Magie ausführen und kanalisieren.»
«Oh wie schön, also habe ich einen Teil von Mielikki in mir?»
«So könnte man es auch ausdrücken.»
Dann gab er uns noch Buchtipps, um über die Krise von Sigil und dem Magier von damals nachzulesen. Sowie seine Theorie zu den aktuellen Ereignissen: Es gab zwei Strömungen in der Stadt. Eine hing der neuen, die andere der alten Ordnung an. Das Harmonium, die Sensates, der Fraternity Order, die Fated und Sign of One standen für die alte Ordnung. Die Doomguard, die Revolutionary League und die Free League fühlten sich unterdrückt und sahen Verbesserungspotential in der Ordnung Sigils.
Bislang wollte sich Theodor auf keine Seite schlagen. Die bisherige Ordnung sei allerdings durchaus akzeptabel und könnte seinetwegen auch aufrecht erhalten bleiben, meinte er.

Die Halle der Information war unsere nächste Station. Dafür mussten wir wieder durch den Hive, wo es interessanterweise sehr uninteressant war. Wir traten an einen Schalter heran und waren zufälligerweise wieder bei demselben Warforged, wie bei unserem ersten Besuch in der Halle gelandet. Zu den Ereignissen zur Krise von Sigil verwies er uns auf die Hall of Records. Doch zu unserem Schrecken mussten wir feststellen, dass die Zeit wie im Flug vergangen war und mussten schon aufbrechen, um rechtzeitig zu unserem Termin mit Arwyl Swan’s Son beim Gefängnis anzukommen.
Auf dem Basar waren extrem viele Razzien und Festnahmen durch das Harmonium. Kein Wunder, war doch die Free League einer der Hauptvertreter der neuen Strömung und somit Hauptgegner des Harmoniums.

Beim Gefängnis wurden wir direkt zu Arwyl eskortiert. Er hatte ein grosses, prunkvolles Büro, das über den Vorplatz des Gebäudes hinausblickte. Es schien eigentlich Nilesias Büro zu sein, da es sehr prunkvoll und eher eines Factols würdig erschien. Arwyl selbst war ein grosser Mann mit blondem Haar und einer prunkvoll geschmückten Rüstung. Er reichte jedem von uns die Hand.
Wir erzählten, wie die Umstände um Factol Karans Verschwinden standen. Dann eröffnete uns Arwyl, dass er uns als freie Kundschafter engagieren wolle, um der Sache auf den Grund zu gehen! Er wollte unabhängig von irgendwelchen Fraktionen der Sache auf die Schliche kommen und dazu waren wir als fraktionslose Abenteurer perfekt geeignet. Wir sollten natürlich auch entsprechend entlohnt werden. Alles was uns helfe, sollte uns gegeben werden.
Arwyl selbst fand das ganze Gewusel um die Factole rätselhaft bis zuletzt. Er vermutete, dass das Gewirr dazu beitrung, dass das Verschwinden der vielen Factole viele Ursachen hatte. Die ominöse Macht, die hinter allem zu stecken schien (ich nannten sie für mich den Puppenspieler), könnte bei einigen Factolen eine Rolle gespielt haben. Andere Morde auf offener Strasse waren wohl eher Zwisten und Streitigkeiten unter den Fraktionen zuzuordnen. Zum Beispiel der Mord am Harmoniumfactol durch die Revolutionairy League. Das war durchaus glaubhaft, aber die League war ja auch keine geschlossene Fraktion, sondern eher ein loser Bund aus Assassinen und Kopfgeldjägern. Es konnte auch sein, dass der Attentäter zwar zur League gehörte, aber von jemandem beauftragt worden war. Arwyl räumte auch eigene Fehler ein. Anscheinend waren auf den Listen der zu begnadigenden Häftlinge auch Schuldige geraten. Seine Vermutung dazu war, dass einzelne Fraktionen der alten Ordnung unterwandert waren.
Tappser schlug vor, sich im Hive umzusehen, an der Adresse des Mörders des Harmoniumfactols.
Ich wollte trotzdem auch in der Vergangenheit nachforschen. Vielleicht gab es Parallelen zu den heutigen Ereignissen?
Cinar fragte nach einer Liste mächtiger Magier, die instande wären, die Schutzmechanismen der Baracken auszuhebeln. Vielleicht war dies ja das gemeinschaftliche Werk meherer Magier gewesen?
Arwyl stellten sich mehrere Fragen: Wer war für das Verschwinden der Factole zuständig und warum? Was plante die Doomguard und wer waren die ganzen schuldigen Leute, die irgendwie auf die Listen der zu Begnadigten geladet waren? An der Auswertung waren seine Leute dran.
Tappser hielt es für möglich, dass er die Doomguard infiltrieren könnte.
Arwyl gab uns ein Schreiben mit, laut dem wir befugt waren, wie ein Rekrut der Sons of Mercy zu agieren, mit dem wir auch sofort zu ihm durchgelassen werden konnten, sollte sich irgend etwas Dringendes ergeben. Ohne uns jedoch offiziell in die Sons aufzunehmen.
Damit konnten wir ungehindert agieren, ohne in den offiziellen Büchern aufzutauchen. Zur unauffälligen Nachrichtenüberbringung konnten wir jederzeit den umherstreifenden Wachen der Sons of Mercy versiegelte Briefe zustecken.

Die Nacht schien ruhig für was in Sigil gerade vor sich ging.
«Ich würde sagen, wir machen erst mal Pause für die Nacht und haben dann zwei Ziele: einmal die Adresse des Mörders im Hive und einmal die Doomguard.»
So viel hatte ich Eule schon lange nicht mehr sagen hören.
«Und wenn es jetzt eh Nacht ist, können wir auch beim Chef vom Lampenjungen vorbeischauen und ihn verprügeln», freute sich Tappser.
Nilo war damit eigentlich nicht einverstanden. Doch wir vermuteten das war, weil er Angst vor ihm hatte und keinen Ärger kriegen wollte.
Dann kam mir eine Idee: wir würden Nilo bei uns behalten und beschützen, solange es ging und gleichzeitig seinem Chef eine Lektion erteilen. Dann würden wir bei Arwyl Swan’s Son ein gutes Wort für ihn einlegen, damit er in die Sons of Mercy aufgenommen werden konnte. Damit war Nilo auch einverstanden, also machten wir uns auf zum Hive.

Doch schon im Market Ward wurden wir gestoppt. Was zuvor noch eine Razzia gewesen war, war jetzt komplett ausgeufert. Das Harmonium war zurückgedrängt worden, Passanten und Händler waren verschwunden, denn hier wurde plötzlich mit Waffen gekämpft. Vermummte und verhüllte Leute drängten das Harmonium zurück. Trotz der vielen Gesichtsschals war zu sehen, dass Mitglieder der Free League, Revolutionairy League, Sodkillers und die Dommguard sich den Wachen entgegenstellten. Es waren revolutionäre Zustände.
Da wollten wir auf keinen Fall dazwischen geraten, also drehten wir uns um und nahmen einen möglichst weiten Umweg um den Markt. Nilo schickten wir schnell zurück zu den Sons of Mercy, damit diese schnell informiert werden konnten und er in Sicherheit war.
Arthur führte uns um den Markt herum, da kamen uns Sensate Wachen entgegen. Auf deren Nachfrage hin erzählten wir in knappen Worten, was wir gesehen hatten.

Bild von Jim Cooper auf Pixabay

Arthur führte uns weiter zur Adresse, die Nilo uns gegeben hatte. Es war ein … Etablissement mitten im Rotlichtmilieu des Hive namens «Lustful Sin». Darinnen war ausgelassenes Treiben zu hören. Eine Empfangsdame wusste auf Nachfrage aber nicht genau, wen wir suchten. Leider hatten wir den Namen des Lampenjungenhändlers nicht. Also betraten Tappser, Eule und ich den Hauptraum. Dort sahen wir viele Männer und einige wenige Frauen. Eine Tänzerin auf einer Bühne und eine hinter der Bar. Ein nackter Tiefling tanzte um einen Herren herum.
«Endlich jemand, der genau so viel Kleidung trägt wie ich!», nickte Eule ihm anerkennend zu.
Sofort kam der Tieflingauf sie zu und fragte, ob sie am heutigen Abend Geleitschaft haben wolle.
«Ich habe schon Geleitschft, meine besten Freunde», zeigte sie auf uns.
«Oh, na dann nehmen wir eben ein grösseres Zimmer, das gibt auch Gruppenrabatt.»
«Und was machen wir dann? Kämpfen wir?», in Eules Augen war ein Glitzern zu sehen. Endlich eine ebenbürtige Herausforderung!
«Ja, so könnte man das auch nennen», entgegnete der Tiefling.
«Oh, können wir das machen? Ich will wissen, wie das aussieht!», das schien mir ein sehr interessanter «Kampf» zu werden.
«Ich werde gewinnen!», nickte mir Eule siegessicher zu.
«Ich glaube an dich!», streckte ich ihr meinen Daumen nach oben zu.
Doch der Tiefling hatte irgendwie das Interesse verloren. Da kam eine Pfauendame auf uns zu, die uns für 10 Platin irgend ein Rad zeigen wollte, was wir für den Preis aber lieber bleiben liessen.
Tappser hatte sich währenddessen nach dem Chef der Laternenjungen umgehört. Leider mit wenig Erfolg.
Dann kam Cinar auf uns zu und meinte, dass es vielleicht einen Hintereingang geben musste. Das hatte Arthur gemeint, da Nilo eher wie ein Laternenjunge aussah, der auf dem Schwarzmarkt, ohne offizielle Genehmigung vermittelt wurde.

Wir gingen eine Runde um das Gebäude herum aber auf den ersten Blick war nicht viel zu sehen. Dann erkannte ich plötzlich kleinere Fussspuren an einer Wand. Ich untersuchte sie ganz genau und erkannte einen lockeren Stein. Als ich ihn berührte, fuhr ein Stück der Wand in den Boden hinunter. Der geheime Eingang! Schnell huschten wir hinein und versteckten uns hinter der erstbesten Tür, die wir erwischen konnten. Gerade noch rechtzeitig, denn kaum war die Tür hinter uns ins Schloss gefallen, als wir auch schon Stimmen auf dem Flur hören konnten. Es war die Stimme des Besitzers, wie Tappser erkannte und die der Pfauendame:
«Da hat wohl jemand vergessen die Tür zu schliessen! Die müssen besser erzogen werden, falls das alles geheim bleiben sollte.»
«Ja! Und überhaupt bin ich nicht damit einverstanden!»
Das Gespräch wirkte sehr gereizt. Dann war ein Geräusch zu hören, als würde sich Stein auf Stein schieben und es war wieder ruhig.
Tappser verschwand kurz. Als er zurückkam deutete er uns, ihm zu folgen. Die Luft schien rein zu sein doch dann mussten wir uns doch noch einmal verstecken, als eine andere Tür aufging. Im nächsten Zimmer trafen wir aber auf einen Jungen. Tappser versuchte, ihn etwas auszufragen aber er wollte ihm nichts verraten. Er war in der Putzschicht und konnte ihm nicht sagen, wo die anderen waren. Aber das bedeutete, dass hier noch mehr Jungs waren.
«Der Boss müsste vorne sein, da darf ich aber nicht hingehen», rückte er dann doch noch ein wenig mit der Sprache heraus.
Hm. So richtig schlau wurden wir allerdings nicht aus dem Kleinen. Tappser fasste einen Plan und der Rest von uns ging wieder nach draussen, um uns unter einem Fenster zu drapieren. Nach einer Weile ging es auf und wir konnten hören, wie Tappser sich mit der Pfauendame unterhielt. Sie wurde schnell abweisend, als es um die Jungs ging und wollte nichts mit dem ganzen zu tun haben. Als sie den Boss holen wollte, hievte Tappser Eule und Cinar durch das Fenster in den Raum. Sie überwältigten den Boss des Hauses und brachten ihn dazu, ihnen so viel Geld zu geben dass sie die ganzen Laternenjungen kaufen konnten. Es wurde sehr klar, dass er nichts mit den zwielichtigen Geschäften seines Bruders zu tun haben wollte, der das Geschäft mit den Jungs aufgebaut hatte. Arthur und ich konnten durch das geöffnete Fenster alles mithören. Es war sehr unterhaltsam. Irgendwann hatten die anderen den Boss so weit, dass er ihnen die ganzen Jungs mitgeben wollte, damit er sie los war und wir verschwinden würden. Na das war doch mal ein Angebot! Schnell huschte ich durch den Geheimgang wieder ins Haus hinein, während Arthur draussen wartete. Der Besitzer zeigte uns einen geheimen Treppenabgang in einen Keller. Cinar ging hinunter, um die Jungs zu holen. Nach einiger Zeit kam er wieder nach oben mit nur einem Jungen im Schlepptau. Die anderen waren wohl alle unterwegs.
Also holte ich nun schliesslich Arthur doch ins Haus hinein, damit wir gemeinsam in einem Zimmer des Hauses auf die anderen Jungs warten und abwechselnd schlafen konnten.
Ich würde die zweite Wache übernehmen also legte ich mich schnell in das gemütliche Bett ohne lange zu überlegen, wofür es sonst grösstenteils genutzt wurde.




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