verschiedenförmige Würfel
Kurzgeschichten,  Rollenspiel

Yara 38 – Nur fliegen ist schöner

Während meiner Schlafphase hielten mich die Stimmen nicht ganz so doll wach, wie letzte Nacht. Ich verstand ein Wort: «Hinrichtung».

Dann war es Zeit für Cinar und mich, die Wache zu übernehmen. Während der Schicht stolperte plötzlich «Factol Karan» aus dem Zimmer.
«Hallo und guten Abend erneut», er wandte sich an mich und zog 2 Platin heraus, drückte sie mir in die Hand und meinte, «ich bin eben im Bad und hätte gerne eine Portion Rührei. Die Bettwäsche muss nicht gewechselt werden.»
Dann torkelte er ins Erdgeschoss hinunter.
Wir gingen hinterher und er verschwand tatsächlich auf der Toilette.
«Geh rein Cinar, geh rein!»
«Nein, bestell du mal das Rührei ich geh raus und beobachte das Fenster, dass er da nicht rausklettert.»
Aber die Küche hatte nachts geschlossen. Also wartete ich vor der Toilettentür. Nichts Seltsames passierte. Dann kamm Karan wieder heraus: «ist mein Pastetchen schon fertig?», lallte er.
«Also eigentlich bin ich ja euer Bodyguard, nicht euer Koch und die Küche hat nachts geschlossen und vorhin war das noch ein Rührei, kein Pastetchen und ich weiss nicht mal, ob ich das kochen kann…»
Er drückte mir einen Finger auf den Mund.
«Das sind mir zu viele Informationen. Bringt mir einfach mein Rührei», flugs torkelte er wieder nach oben.
Ich gab Cinar durch das Fenster bescheid, dass er wieder hineinkommen konnte. Er sollte auf das Karan-Double aufpassen, wähernd ich das Rührei machte. Cinar kam schnell rein und verschwand auch in das obere Stockwerk.
In der Küche lag noch dreckiges Geschirr in der Spüle. Ich seufzte und wusch eine Pfanne und einen Teller ab. Dann fand ich sogar noch ein paar Eier und machte mich daran, den Herd einzuheizen. Das Kochen dauerte eine Weile.
«Soo, wo ist der Herr denn jetzt?», fragte ich, als ich mit einem dampfenden Teller nach oben kam.
Cinar deutete auf die Schlafzimmertür. Ich kopfte. «Zimmerservice!» Keine Antwort.
Als ich die Tür öffnete sah ich das Zimmer voller Matratzen und drei schlafende Figuren. Ich hielt den Teller unter Karans Nase, der etwas murmelte und sich umdrehte. Na dann. Ich stellte den Teller neben ihn auf eine der Matratzen und setzte mich neben Cinar. Immerhin war das eine kleine Abwechslung gewesen. Der Rest der Nacht verlief ereignislos.

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Am morgen lag Karan immer noch neben seinem Rührei. Tappser war vor ihm wach und schlabberte den Teller schnell leer.
Als der Githzerai erwachte, runzelte er die Stirn.
«Ähm… woher kommt der Teller?»
«Chaos», erkärte Eule.
«Oh, das find ich gut! Zeit fürs Abendbrot!»
«Nicht Frühstück?»
«Pf, nein das wär ja ordentlich!»
Ich erzählte den anderen von dem verstandenen Wort «Hinrichtung» und erklärte unserem Schützling, was es mit meinen nächtlichen Flüstereien auf sich hatte.
«Oh, unsere Hinrichtung wäre natürlich sehr chaotisch, aber ich bevorzuge das nicht so. Nun, sind alle satt, damit wir Abendbrot essen gehen können?»
Ernst konnte er wohl gar nichts nehmen…

Der Gästeraum begann schon langsam, sich zu füllen. Arthur gesellte sich auch wieder zu uns und berichtete, wie seltsam es sich doch anfühlte, eine ganze Nacht durchgeschlafen zu haben. Ich zahlte für alle Frühstück.
«Hey Karan, wie chaotsich wäre es, wenn wir einen Laternenjungen für eine Tagestour bezahlen würden?», warf Eule ein.
«Oh, das gefällt mir! Die ganze Idee gefällt mir! Und wir nehmen immer einen längeren Weg, statt den kürzesten. Nun denn! Ich war in dieser Nacht sehr klar in meinem Kopf und würde gern den Morgen beginnen, etwas zu kaufen. Eine Hyäne!»
«Ich glaube, da sind wir mal an einem passenden Geschäft vorbeigelaufen aber ist eine Hyäne nicht vielleicht etwas teuer?»
«Hm, also ich habe noch nie ein Tier gekauft, aber», und er kramte in seinem Geldbeutel, «so um die zweihundert Platin hab ich noch.»
«Weisst du überhaupt, wie ein Hyäne aussieht?», wollte Tappser wissen.
«Nein! Aber der Name ist lustig!»

Als wir aufbrachen, nahm Tappser Arthur etwas beiseite und signalisierte ihm, dass er uns möglichst nicht zu einem Zoogeschäft führen sollte, das eine Hyäne im Angebot habe. Arthur kannte aber auch nur zwei Zoogeschäfte, wovon eines etwas gehobener war. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieses eine Hyäne verkaufte, war sehr gering. Also machten wir uns auf den Weg zu diesem Geschäft.
Arthur machte einen Umweg um den Basar, was uns einiges an Zeit ersparte. Am Rande waren auch eher dubiosere Geschäfte zu finden, dafür interessierte sich nicht mal unser Möchtegern-Karan. Die Angebote waren wohl zu offensichtlich chaotisch und somit langweilig.
Wir kamen in die Newt Strasse an einem Haus vorbei, an dem ein Luftschiff befestigt war! Es schien ein historischer Hotspot zu sein.
«Also wenn keiner eine Idee hat, was man damit machen kann, ich hätte eine Idee!», verkündete Karan mit glänzenden Äuglein.
«Ich würde damit aus em Ring hinausfliegen», schlug Cinar vor.
«Hm, das hab ich noch nicht probiert. Spielen wir Piraten und kapern das Luftschiff!» und schwupps, stellte er sich an. Wie ordentlich.
Es ging langsam voran und auch Arthur stellte sich mit zu uns. Endlich kamen wir an den Ticketschalter. Dahinter sass eine bärtige Zwergendame.
«Wieviele Karten, wieviele Plätze?», fragte sie total gelangweilt mit nasaler Stimme.
Wir stellten uns vor ihr auf.
«Also zweimal Rabatt für die beiden Kinder», damit meinte sie Arthur und mich,»fünfzig Platin für 6 Personen!»
«55 und nichts darunter!», handelte ich sie hoch.
«Sehr gut, sehr gut!», lobte mich Karan und dann huschten wir auch schon hinter der Zwergendame her.

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Im Obergeschoss des Hauses führte eine Hängebrücke hinüber zum Schiff. Diese war eine sehr wacklige Angelegenheit, dafür hatte man eine gute Übersicht über die Stadt. Wir wurden in einen Passagierraum gebracht, der mit Panoramafenstern ausgestattet war. Wir waren wohl die letzten Touristen, die hinaufgebracht worden waren, jedenfalls war der Raum schon sehr voll. Und er war mit Panoramafenstern ausgestattet. Ganz vorne war ein Pult, an dem ein Wassergenasi Platz genommen hatte. Er trug ein kleines Namensschild, welches Eule zu lesen versuchte, jedoch kläglich scheiterte. Edo stand darauf, war wohl sein Name. Kurz nachdem wir uns gesetzt hatten, stand er auch schon auf:
«Willkommen an Bord des Luftschiffes. Ich freue mich sehr auf unseren Stadtrundflug. Wir werden sie gleich von oben betrachten können. Bei Fragen stehe ich zur Verfügung.»
Das Schiff legte ab und wir gewannen ziemlich schnell an Höhe. Zum ersten Mal wurde mir die Krümmung der Stadt so richtig bewusst. Je höher wir stiegen, desto mehr wurde klar, dass wir ringsum von Häusern umgeben waren. Dann namen wir Kurs auf den Ladies Distrikt. Mir wurde schlecht, wo war denn überhaupt oben und unten?
Karan interessierte sich allerdings überhaupt nicht dafür, was Edo so erzählte.
«Hat jemand von euch einen Sack oder sowas?»
«Nur Spinnenseide in Klumpen», sagte Eule.
«Hm. Und ein altes Kleidungsstück?»
«Äh… eine alte Bettrolle.»
«Sehr gut, sehr gut, dann kommt mal mit!»
Und er verschwand geschwind in einem Gang, Eule und Cinar huschten hinterher. Ich blieb bei Arthur und Tappser, bei mir drehte sich alles.

Die blieben aber ganz schön lange weg! Mittlerweile waren wir über dem Ladies Distrikt angekommen, wo auf dem Klägerplatz Galgen aufgebaut wurden. Tappser fragte Edo danach.
«Der Klägerplatz wird für Hinrichtungen genutzt. Für Touristen ist das eigentlich weniger interessant. Falls ihr euch dafür interessieren solltet, könnt ihr nach unserer Rückkehr in der Halle der Informationen nachfragen, was dort heute veranstaltet wird.»
Dann verlor er sich in einem Sermon über die verschiedenen Zwergentempel, was wir alles schon von Eule wussten.

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Unter dem Vorwand, dass mir immer noch übel war, verschwanden wir aus dem Passagierraum und machten uns auf die Suche nach den anderen. Wir kamen zu einem Treppenhaus. Nach oben hing ein Schild mit der Aufschrift «privat» und nach unten eines mit «Maschinenraum». Hm, privat schien mir chaotischer, also gingen wir nach oben.
Plötzlich standen die anderen vor uns. Karan trug plötzlich eine improvisierte Augenklappe aus einem Stück stoff. Hatte Cinar… geweint? Oder warum waren seine Augen so rot?
«Da seid ihr ja endlich, hattet ihr euer Piratenabenteuer?»
«Ja und nein. Wir hätten fliegen können, wohin wir wollten aber dann doch nicht.» ich verstand nichts, was Cinar da erzählte.
«Hä?»
«Der Kapitän hat gesagt, dass es wohl etwas sehr gefährlich sei, wo wir hinwollten. Also aussen am Ring von Sigil entlang. Alle, die jemals Sigil verlassen wollten, seien über ein Portal gegangen. Keiner hat wohl den Übertritt über den Rand überlebt.»
«Hm, dann müssen wir wohl oder übel diesen Rundflug beenden und in der Halle der Informationen wegen den Galgen auf dem Klägerplatz nachfragen gehen.»
«Galgen?»
«Ja, die werden da gerade aufgebaut. Und da ich heute Nacht etwas von Hinrichtungen gehört habe, bin ich da hellhörig geworden.»
«Und meine Piratencrew hat versagt. Aber das Abenteuer ist noch nicht vorbei! Da mein Steuermann und die Navigationsexpertin versagt haben, brauchen wir einen anderen Plan. Einen Fluchtplan nach Sigil von diesem Schiff herunter. Waltet eures Amtes, Heimlichkeitsexpertin!», Karan sah mich erwartungsvoll an.
«Oh, äh, hm.. haben wir noch die Bettlaken?»
Eule und Cinar holten alles Mögliche aus ihren Taschen. Wo hatten die das alles hingesteckt?
«Seid ihr schon einmal Fallschirm gesprungen?», kam jetzt Karan die nächste Idee.
«Dafür könnten wir ja in den Maschinenraum und nachsehen, ob es da eine Falltür gibt, dann seilen wir uns von da ab.»
«Oder wir suchen hier nach Fallschirmen. Das ist ein Luftschiff, es muss doch irgendwo welche geben.», warf Cinar ein.
«Hmm, ja, das ist zwar nicht allzu heimlich, dafür aber wohl sicherer.»
Tatsächlich fanden wir ein einem der Lagerräume vier Fallschirme.
«Ich kann entweder Arthur oder Yara tragen», erbot sich Eule.
«Stimmt! Ich auch! Tappser trag ich aber nicht, der ist fett», stichelte Cinar und fuhr fort: «Eigentlich ist das auch gar nicht schlecht mit den Falschirmen, nicht dass es noch Ärger gibt wegen der Bombe.»
«Zumindest ihr solltet runterspringen, mich, Yara und Arthur hat ja keiner gesehen.»
Dann einigten wir uns noch auf einen Treffpunkt – am besten direkt am Klägerplatz vor dem Galgen.
Cinar ging zu einer Tür in der Lagerhalle und versicherte sich, dass sie nach draussen führte. Dann prüfte er seinen Fallschirm nochmal und liess sich von Karan erklären, wann man an welcher Schnur ziehen sollte. So richtig überzeugend war er jedoch nicht.
«Moment mal, wir haben vier Fallschirme und überlegen gerade, ob drei von uns springen sollten.»
Und Cinar nahm sich den Fallschirm und zog an der linken Schnur. Der Fallschirm ploppte aus dem Rucksack. Dann zog er an der rechten Leine und der Fallschirm wurde abgeworfen. Dann konnten sie ja loslegen.
Cinar öffnete die Tür ins Leere auf und sah hinunter. Wir waren knapp hinter der Grossen Giesserei, wo die Tour mit dem Luftschiff wieder umdrehen würde.

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Cinar sprang. Sein Fallschirm öffnete sich und er glitt hinunter.
Eule hinterher, danach Karan.
«Ich kommeeeeeeeeeeee!», jauchzte er und sauste erst mal an den anderen vorbei, bevor er seinen Fallschirm auch endlich öffnete.
Tappser und ich setzten uns wieder in den Passagierraum zu Arthur und den anderen Passagieren. Mittlerweile drehte sich das Schiff, um wieder an seinen Ausgangspunkt zurückzugleiten.

Später erzählte mir Cinar, dass die anderen sich nach ihrer Ankunft auf sicherem Boden auf zur Waffenkammer gemacht hatten, um dort Schabernack zu treiben. Sie hatten tatsächlich ein paar Waffen ausgehändigt gekriegt, aber wohl auch nur weil sie gerade Spragg getroffen hatten. Karan wollte natürlich sofort jemanden mit den neuen Mordwerkzeugen bekämpfen gehen.

Wir genossen den Rückflug. Bei der Landung kamen Doomguard Soldaten an Bord, noch bevor jemand das Schiff verlassen hätte können. Zum Glück waren die anderen drei nicht mehr an Bord! Die Wachen hielten Tappser zurück und fragten ihn aus. Wir mimten die Unwissenden, ich verzog meine Miene, weil mir ja so schlecht gewesen war, dass ich mich fast übergeben hatte und glücklicherweise nahmen sie uns die Show ab. Sie fragten noch nach unserer Adresse und wir gaben die Taverne an, in der Cinar und ich ein paar Nächte geschlafen hatten. Dann liessen sie uns gehen.
Wir machten uns sofort auf zum Klägerplatz.

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