Würfel
Kurzgeschichten,  Rollenspiel

Yara 2 – Archäologie

Nachdem wir das Ghul-Waisenhaus im wahrsten Sinne des Wortes – ahem – aufgelöst hatten, war also das Geheimnis rund um diese mysteriösen Vermisstenfälle aufgelöst. Vermutlich war es wohl nicht das einzige Haus seiner Art in der Stadt. Ich bedauerte das Entkommen der drei Kinder zutiefst. Naja, immerhin hatten wir eines von seinem Schicksal erlöst. 


Nach einem reichhaltigen Frühstück im «Nixhund» machten wir uns auf, die wohlverdiente Belohnung abzuholen. In der Wachzitadelle herrschte wie immer reges Treiben, Schichtablösungen wurden vorbereitet, Leute holten ihre Belohnungen oder Aufträge ab und was man da sonst noch so alles machen konnte. Im Vorzimmer sass wieder die gleiche Waldelfensekretärin wie auch schon an den Tagen zuvor. Tappser fragt sie wie immer nach neuen Kopfgeldern, von denen es aber (zum Glück, phuuu) keine gab. 


Die Sekretärin gab dem Wachtelfenkommissar Bescheid, der begeistert war über unseren Erfolg. Er zückte einen prall gefüllten Lederbeutel mit 800 Gold, der ausgeschriebenen Belohnung. Andere Aufgaben gab es momentan von der Wachtzitadelle tatsächlich nicht. Doch der nette Kommissar gab uns den Tipp in der hohen Halle vorbeizuschauen, deren Treppe wir auch bald danach erklommen. Es scheint der Hauptanlaufpunkt für die Stadt zu sein, ein so reges Treiben herrscht da. 


Die meisten Leute schienen hier tatsächlich für die städtischen Verwaltungsangelegenheiten herzukommen. Es gab aber auch einen Marktplatz, auf dem verschiedene Kreaturen unterschiedliche Dienstleistungen anboten. Besonders auffällig war eine junge Frau, welche in aussergewöhnliches aber ramponiertes Leder gekleidet war. Durch das ganze Geschrei und Feilschen auf dem Platz konnten wir nur einzelne Worte von ihr verstehen. «Suche» und «Gruppe» und «Abenteuer» liessen aber darauf schliessen, dass sie wohl eine Abenteurergruppe suchte (hihi). 
Ich fand die Abenteurerin sehr interessant, also stellte ich mich ihr vor. Sie hiess Mia Azivar und war Archäologin und Forscherin und hatte schon total viele Orte gesehen und bereist. Bestimmt hat sie unglaublich viel zu Erzählen! Sie stammte aus einer Ortschaft ganz im Süden des Landes. 

Momentan war sie an eine Ausgrabung beteiligt, die etwas gefährlich werden könnte. Im Cloud Peaks Gebirge. Sie hatten die Kammern von Chei’Ra-Shaar-Zuheel gefunden (wer?). Die Kammern hatten Mia und ihr Team freigelegt, jedoch waren sie noch nicht drin. Beim Betreten der ersten Kammer waren sie sofort von Skeletten angegriffen worden. Mias Team war noch vor Ort und lebendig, wie Cinar keck zu erfragen wusste.
«Die Skelette kommen nicht aus der Kammer heraus. Ich nehme an, dass sie durch einen Zauber davon zurückgehalten werden, den Ort, den sie bewachen sollen, zu verlassen.», sinniert Mia. 
«Und nun sucht Ihr nach ein paar Dummen, die ihre Hintern für euch hinhalten?», ärgerte sich Cinar. 
«Wir wären also nichts weiter, als Eure Meatwall», auch Tappser war beleidigt. 
Ich warf ein: «Nun, wenn Ihr vielleicht eine Entlohnung für unsere Gruppe hättet, würden sich die beiden sicher zu diesem Abenteuer überreden lassen können». 
«Ach, ja, natürlich!», lachte Mia verlegen, «unser Team hat zusammengelegt. Wir können Euch 375 Gold und alle Schätze, die Ihr in den Kammern findet anbieten. Unter der Voraussetzung natürlich, das ich die Schätze vorher analysieren darf», fügte sie augenzwinkernd hinzu. 
So waren auch Cinar und Tappser relativ schnell überredet. Wir verabredeten uns für den Nachmittag am Sphinxtor. Na wenn das keine Vorahnungen aufkommen lässt! Nach ein paar Besorgungen trafen wir uns also am Sphinxtor mit Mia und machen uns auf nach Clouds Peak. Mit einem Planwagen ausgestattet erreichte die Gruppe nach einer halben Tagesreise das Basiscamp. Dort liessen die überaus lebendigen (ein paar von uns waren sich da immer noch nicht ganz sicher gewesen) Teammitglieder von Mia den Tag schon ausklingen. Jeder von uns kriegte ein Zelt zugesprochen, denn am nächsten Tag sollte es losgehen, das archäologische Abenteuer. Wir gingen alle früh zu Bett. 

Bild von Dimitris Vetsikas auf Pixabay

Am nächsten Morgen erwachten Cinar und ich vor den anderen. Ich war schon voller Forschungsdrang und wollte am liebsten direkt loslegen. Der Morgenmuffel Tappser brauchte aber erst mal einen Tee. Als letzte stand Tara auf, nachdem sie von meiner Frohnatur geweckt wurde. Mia verriet mir, dass der erste Raum rund und kuppelförmig war.
«Direkt gegenüber vom Eingang ist ein hochgesetztes Podest, bei dem es auch nochmal reingeht, aber da kommt man vom Eingangsraum nicht hin, weil das Podest zu hoch ist. Da muss man glaube ich von der anderen Seite her raufgehen. Laut den Legenden sollen die Kammern gut geschützt sein.», beschrieb sie uns die ersten Meter. 


Wir machten uns also auf in die Höhle. Der runde Eingangsraum war leer, dunkel, sehr dreckig und staubig. Kein Wunder, ist sie ja schon seit Jahrhunderten nicht mehr betreten worden. Von den Skeletten war vorerst nichts zu sehen. An den Wänden standen vier Feuerschalen und in der Mitte einige Säulen, die die Kuppel trugrn. Cinar machte sich auf und zündete alle vier Feuerschalen im Raum mit seinem Feuerschwert an. Mein göttlicher Sinn erkannte zwei Untote im Raum. Nur zwei Skelette?, dachte ich. Nach Mias Erzählung hatte ich viel mehr erwartet. Aber sie konnte auch nicht so gut im dunkeln sehen, wie wir. Und die Angst macht dann wohl aus zwei klappernden Skeletten fünfzig. 
Diese nahmen sofort Tara und mich ins Visier. Ich kriegte einen rostigen Dolch ab, bevor Cinar dem Skelett den Kopf abschlagen kann. Autsch. Tappser kümmerte sich um das andere Skelett, indem er den Dolch in den Schädel steckte, der auch prompt daran stecken blieb. Der Rest des Skeletts fiel zu einem Knochenhaufen zusammen. Tappser regte sich auf und hieb den Schädel so lange gegen eine Säule, bis er ihn zerschmetterte. Nachdem sich der Staub etwas gelegt hatte, konnten wir zwei Druckplatten im  Boden erkennen. Und auch das hohe Podest gegenüber des Eingangs, von dem Mia uns erzählt hatte. 


Tappser erklomm das Podest behände und liess ein Seil für die restliche Gruppe runter. Cinar und ich stellten uns probeweise jeweils auf eine Druckplatte. Es waren Geräusche zu hören, als ob Stein auf Stein schleifte. Das gleiche Geräusch, wenn man von der Platte wieder runtertrat. Hmm…Auf beiden Seiten des Podests gingen zwei Gänge ab, in die steinerne Türen eingelassen waren. Nach ein paar experimentellen Übungen mit den Türen und den Bodenplatten schlossen wir, dass diese jeweils die gegenüberliegende Tür öffneten.
Cinar und Tappser begaben sich nach draussen, um Mia Azivar zu erzählen, was wir gefunden hatten. Auch wollten sie ihr das eine alte verrostete Schwert bringen, mit dem eines der Skelette uns angegriffen hatte. Mit dem Schwert verschwand sie sofort begeistert in ihrem Zelt. Von ihr war wohl offenbar nicht mehr mit viel Hilfe zu rechnen. 
Unsre beiden Gefährten kamen mit schweren Steinen wieder angeschleppt, gerade als ich nachsehen gehen wollte, was los war. Mit diesen beschwerten sie die Druckplatten, um die Türen zu öffnen. Im Gang links vom Podest befanden sich zwei weitere Druckplatten. Um die nächste Ecke dann nochmals eine Tür. Auf ihr stand in Elfisch geschrieben: «Das Feuer des Lebens erleuchtet den Weg». Dieselbe Tür hinter dem Gang, der rechts von dem Podest abging. Nur keine Druckplatten. 

Photo by Rob Tol on Unsplash


Cinar hielt es für klug, sich Rat von Mia holen zu gehen. Vielleicht wusste sie ja was über diese Türen.  Jedoch konnte sie mit dem Rätsel auch nicht viel anfangen. Also ausprobieren. Als sich Tappser und Tara auf die beiden Druckplatten im linken Gang stellten, öffnete sich die Tür mit dem elfischen Spruch im rechten Gang. Hinter dieser Tür befanden sich wiederum weitere zwei Druckplatten…Ohmann, kompliziert. Nur mit Steinen beschwert gaben die Druckplatten nämlich nicht nach, nur etwas Lebendiges, Warmes konnte die Türe öffnen. Unsere Gruppe aufzuteilen empfanden wir als keine sehr geschickte Idee. 
Wir entschieden uns schliesslich, auf die beiden linken Druckplatten Steine und Silvie und Edgar zu lassen. Tatsächlich ging dadurch die rechte Türe auf. Tara und ich war zwar etwas mulmig zumute, unsere kleinen Lieblinge zurückzulassen, doch Silvie versicherte mir, das sie sich im schlimmsten Fall gut zu verstecken wusste. In Ruinen kannte sie sich aus, hatte ich sie ja in einer grossgezogen. Also gut. 


So erkundeten wir den Gang hinter der rechten Tür: Nochmals zwei Druckplatten! Wohl für die andere Tür mit elfischer Schrift im linken Gang. Eine Abzweigung zu einer weiteren verschlossenen Tür, die nach rechts abging. Dann eine Treppe nach oben. In einem Raum oben stand dann schliesslich eine steinerne Sphinx. Sobald wir uns vornihr versammelt hatten, begann sie tatsächlich zu sprechen:
«Willkommen in den Kammern von Che’Ra-Shaar-Zuheel. Ich bin der Hüter dieser Kammer. Wenn Ihr rechtmässig an diesem Ort seid, so könnt Ihr Zugangsfragen beantworten. Bewantwortet zwei meiner Fragen, um die Tür tiefer in die Kammern zu öffnen. Eine dritte Frage öffnet die Tür im Eingangsbereich. Ihr könnt es mehrmals probieren, doch die richtige Antwort muss fallen. Beantwortet mir also meine erste Frage: Ich bleibe, wenn die Wärme verschwindet und das Licht erlöscht. Ich hinterlasse mein Zeichen, an was auch immer ich berühre, ein leichter Wind weht mich weg. Was bin ich?»
«Asche!», errät Tappser promt die richtige Antwort. Wow, das fing ja schon gut an!
Nächste Frage: «Ich bin ein glitzernder Schatz, den viele begehren, auf das Haupt der Gierigen passe ich jedoch nicht, ich bin aus Gold und Juwelen, doch sein wahrer Wert zeigt der, der mich trägt. Was bin ich?»
Uff, das war schon eine härtere Nuss. Alle unsere Rateversuche verliefen im Sand. Wir könnten eine Frage überspringen, meinte die Sphinx schliesslich. Also einigten wir uns darauf.
Die dritte Frage lautete: «Man kann mich sehen, aber nicht berühren. Ich erhebe mich, falle jedoch nie. Ich kann ein Signal oder eine Warnung sein. Man sollte besser nach mir Ausschau halten. Was bin ich?»
«Rauch!», errät Cinar richtig.
«Eine letzte Frage für die letzte Tür: Wenn ich jung bin steh ich grade wie ein Soldat, obwohl ich klein bin. Mit der Zeit verliere ich meine Form, spende jedoch Behaglichkeit, Licht und Wärme»
«Kerze!», trage auch ich meinen Teil zu den richtigen Antworten bei. Wir erhalten also Zutritt zur unteren Ebene und die Türe hinter uns im Eingangsbereich wird auch geöffnet. Ich bin stolz auf uns! 


Die Gruppe liess sich über ein ähnliches Podest wie im Kuppelraum in den nächsten Raum hinab, der wie ein sehendes Auge geformt war. Dort wartete ein nächstes Rätsel auf uns. Wir mussten Runen in der richtigen Reihenfolge auf den Boden legen. Auch dieses Rätsel lösten wir nach einiger Knobelei. Und weiter? Natürlich noch ein Rätselraum. Die Erbauer mussten hier ja sehr wertvolle Schätze hinterlassen haben. Nun wartete ein klassisches Verschieberätsel auf uns. Diese verhassten Dinger kannte ich schon aus meiner Ruine im High Forest. Doch wo jene verstaubt und zerfallen waren, war dieses hier noch komplett intakt. Diese Dinger hatte ich nur angefasst, wenn ich zu Tode gelangweilt war und an Tagen mit einer extrem hohen Frustrationstoleranz. 


Tara meldete sich glücklicherweise freiwillig! Während sie also tapfer die Steine rumschob, erkundete Tappser den kleinen Raum hinter der eben noch verschlossenen Tür im Eingangsbereich. Er fand eine vermoderte Kiste, die er aber vorerst nicht aufbekam. Ich ging Tappser hinterher, da ich wohl Tara etwas in ihrer Konzentration störte mit meinen Anfeuerungen und versuchte mich auch an dem Schloss. Nach etlichen Versuchen stemmte ich endlich die Truhe auf. In ihr befand sich ein kleines rotes Juwel und eine Schriftrolle mit dem Zauber «Minor Teleport». Vielleicht wusste Tara ja etwas mit dem Spruch anzufangen. Die Rolle würde eine gute Belohnung für ihre Rätselmühen sein. Tappser packte das Juwel ein. 
Als wir wieder bei Tara eintrafen, war sie schon ein ganzes Stück weiter gekommen. Tappser half ihr und die beiden schoben mit grossem Erfolg. Gemeinsam lösten sie das frustrierende Rätsel. Die nächste Tür ging auf. Ich übergab die «Minor Teleport» Schriftrolle an Tara für ihre tolle Arbeit. 


Wir kamen wieder in einen grösseren Raum. Er war  durch einen Flammenwirbel in der Mitte erhellt. Als Cinar sich diesem näherte, flammte er kreisend auf und es trat ein widerliches Geschöpf aus ihm hervor. Es brüllte. Laut. Es war ein grosses, trollähnliches, stinkendes Monster mit vielen langen Stacheln am ganzen Körper.
«Ein Barbed Devil!», fiel Cinar ein, als wir uns schon alle für den Kampf stählten. 
«Passt auf! Er ist gefährlich und gefürchtet! Und immun gegen Feuer!».
Na das war dann wohl Pech für ihn und sein Feuerschwert. 

Mitten in Kampf fällt Tappser etwas abseits hinter dem Flammenwirbel eine leuchtende Kugel ins Auge. Als er sie miteinem seiner Dolche berührte, implodierte sie fast lautlos. Nach einem langen Kampf schaffte ich es, dem Vieh mein Kurzschwert in den Bauch zu rammen und hochzuziehen, wodurch sich seine gesamten Eingeweide auf dem Boden verteilen. Endlich kippte er um. 

Photo by Camila Quintero Franco on Unsplash


Doch die Gefahr war noch nicht gebannt. Aus dem Feuer konnte jederzeit ein weiteres Monster materialisieren! Cinar fand in einer kleinen Nische, die vom Hauptraum etwas abging, eine weitere Leuchtekugel. Bevor er sie jedoch ausschalten konnte, erschien ein weiteres Monster im Feuerwirbel. Erst danach gelang es Cinar, die Kugel zu zerstören. Das neue Monster war eine Banshee. Tofuwurst! Als ich sie mit einer Attacke endlich etwas deutlicher treffen konnte, fing sie an aufzuheulen. Tara fiel sofort schwer getroffen um. Auch ich wurde mit einer weiteren Attacke tödlich getroffen und fiel in Ohnmacht. Verzweifelt versuchte Tappser, Tara mit einem Heiltrank wenigstens ein bisschen zu heilen. Cinar gelang es, mich mit meinem eigenen Heiltrank zu heilen, jedoch traf mich der nächste Angriff der Banshee und ich fiel sofort wieder um. Es sah nicht gut aus für unsere Truppe. Wutentbrannt schlitzte Cinar in einem letzten Kraftakt viele Male auf die Banshee ein, welche sich endlich auflöst und verschwindet.

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