Würfel
Kurzgeschichten,  Rollenspiel

Yara 5 – Kampftraining und Meeresungeheuer

Die letzten Sonnenstrahlen schwanden am Himmel, als wir den Hafen von Baldur’s Gate wieder erreichten. Tappser fluchte völlig ungewohnt, leise, fast flüsternd: «Verdammtes scheiss Drecksvieh! So ’ne Scheisse alles!»
Der Offizier, der die Expeditionen organisierte aber feige an Land blieb und wartete, schlug die Hände über dem Kopf zusammen und jammerte, dass schon wieder ein Schiff dem Monster zum Opfer gefallen war. Er war mir direkt unsympathisch. Wir waren um ein Haar dem Tod entronnen und der jammert um sein Schiff. Definitiv wollten wir so schnell wie möglich wieder hinausfahren und unser Werk beenden. Der Offizier drückte jedem von uns 50 Gold in die Hand. Immerhin die halbe Belohnung. Wir waren wohl die ersten, die er wiedergesehen hatte.

Tappser drängte uns dazu, das Assassinenpaar noch erledigen zu gehen, obwohl schon Nacht und ich für meinen Teil total kaputt war. Wir machten uns trotzdem auf in den Norden der Stadt, wo die Wachtstrasse war, in der die Assassinen wohnen sollten. Nach einer kurzen Erkundigung fanden wir die Wachtstrasse und die Nummer 31 auch ganz flott. Sie war an einem ummauerten, grünen Anwesen angebracht. Es war das gutbürgerliche Viertel. Am verschlossenen Tor stand «Takahiro Kenjutsu Schule». Tappser wurde auserwählt, die Glocke läuten zu gehen. Es dauerte eine ganze Weile, bis wir vom hinteren Garten Schritte hörten.
Eine weibliche Stimme ertönte: «Wir haben heute geschlossen, kommt doch bitte morgen wieder. Geöffnet ist ab acht Uhr. Dann wird euch der grosse Sensei Takahiro unterrichten.»

Also wurde uns doch vorher noch eine Rast gewährt. Dank sei Mielikki, ich brauchte dies sehr.

Am nächsten Morgen betrat ich als erstes die Taverne und fütterte mich und meine kleinen Gefährten, während ich auf die anderen wartete. Auch diese kamen nach und nach runter.Dann, nachdem alle gefrühstückt und ausgeschlafen waren, ergriff Cinar das Wort: «Wollen wir langsam aufbrechen? Ich wollte schon immer mal Kampfsport lernen.»
Also brachen wir auf.

Unterwegs kam uns die Idee, uns vorher beim Auftraggeber zu erkundigen, wer den Anschlag am schwarzen Brett überhaupt angebracht hatte. Wenn die beiden wirklich so gefährlich waren, hatte sich da jemand ordentlich zur Zielscheibe gemacht. Mutig, mutig! Der Wirt erklärte uns, wie wir zu der Adresse kamen.

Bei einem kleinen Zwischenstopp auf dem Markt schien Tappser ein bestimmtes Ziel zu haben, Cinar folgte ihm. Ich schaute mich nach exotischem Obst oder Gemüse um. Immer schön, etwas neues zu finden. Leider hatte kein Händler etwas mir Unbekanntes im Angebot. Naja. Schliesslich fanden Tappser und Cinar wieder zu Tara und mir zurück und weiter gings zum Auftraggeber.

Auch dieser wohnte offensichtlich in einem gutbürgerlichen Haus mit zwei Etagen. Ein Hochelf öffnete uns. Er hatte kurze seidige Haare, sah sehr jung aus (aber welcher Elf tut dies nicht?) und trug eine leichte Tunika. Das Kopfgeld, erklärte er uns, sei von seiner Familie ausgesetzt worden. Alleine könne er sich das niemals leisten. Seine Eltern seien den Assassinen zum Opfer gefallen und jetzt müsse er bei seinem Onkel leben und sinne schon lange auf Rache. Aber er sei nicht der einzige Betroffene und so hätten einige zusammengelegt, um sich mit diesem Kopfgeld hoffentlich die Auftragsmörder ein für alle mal vom Hals zu schaffen. Und Auftragsmörder waren die beiden wohl, da sie nie etwas Wertvolles mitnähmen. Furchtbarerweise war der Elf sogar beim Mord an seinen Eltern anwesend gewesen! Die anderen in der Gruppe machten skeptische Gesichter aber ich glaubte dem Elfen.

Bild von shell_ghostcage auf Pixabay

Also gingen wir erneut zur Kampfschule und gaben uns als Lernwillige aus. Alles sah sehr asiatisch aus. Die Frau, deren Stimme uns wohl gestern wieder weggeschickt hatte, führte uns in ein Hinterhaus, in dem ein ziemlich muskulöser Mann in traditioneller Kluft stand. Die Frau stellte ihn uns als Sensei Takahiro vor.

Tappser sprach für uns alle, als er sich nach Ausbildung erkundigte. Machte sich aber sofort unbeliebt, als er in der seltsamen Gossensprache, die die Diebe unter sich benutzen versuchte, noch etwas mehr aus dem Sensei rauszukitzeln. Dieser wurde natürlich sofort misstrauisch.
«In meiner Lehre gebe ich gerne mein Wissen weiter, um die Stärke zu lehren und sich verteidigen zu können. Aber keineswegs um jemandem Schaden zuzufügen!»
Dann lässt Tappser alle Katzen aus dem sprichwörtlichen Sack, indem er Takahiro den Zettel vom schwarzen Brett vor die Nase hält. Der Sensei wirkt geschockt.
«Wir haben niemals jemandem etwas getan! Der Ruf meiner Kampfschule wird dadurch geschädigt!»
Trotzdem brachte er Tappser ein paar Schläge und Kampfmanöver bei und so kamen wir mit ihm ins Gespräch. Anscheinend leiteten seine Frau und er die Kampfschule schon seit 20 Jahren. Doch so richtig schlau wurden wir aus ihm nicht. Die anderen schienen ihm wohl irgendwie mehr zu trauen, als dem lieben Hochelfen. Ich verstand das alles nicht so genau und blieb misstrauisch.


Nach einer Weile gab ich vor, das stille Örtchen besuchen zu müssen. Dieses war im Haupthaus. Während ich im Bad wartete, schickte ich Silvie los, um sich ein paar Minuten im Haus umzusehen. Sie findet unter anderem einen etwas seltsamen Raum, der ganz leer zu sein scheint. Ein schwerer Vorhang, zu schwer als dass ihn das Eichhörnchen hätte bewegen können, befindet sich in dem Raum. Etwas seltsam.

Zurück im Dojo waren die anderen schon fast aufbruchsbereit. Wir stellten Silvie für eine Stunde ab, um den Sensei zu beobachten. Die Rote Zora, eine kleine Maus, die Tappser begleitete und die ich heute früh beim Frühstück kennengelernt hatte, wollte sich in der Zeit auch das Haus etwas genauer ansehen. Dass ich sie erst heute kennengelernt hatte kam daher, dass sie sich immer in Tappsers Kleidung versteckt. Sie begleitet den Kater aber schon ein halbes Jahr. So eine Liebe!

Anstatt eine Stunde herumzulungern und womöglich noch aufzufallen, beschlossen wir, Madame Erie nochmals zu besuchen. Mittlerweile hatte sie sogar ihr Gewerbe angemeldet. Cinar fragte nach einer Weissagung das Seeungeheuer betreffend und legte ihr widerwillig 100 Gold auf den Tisch:

«Ich sehe den Ozean und im Ozean, unter der Oberfläche ist eine Präsenz. Es könnte dieses Ungeheuer sein. In der Ferne sehe ich ein Schiff auf sie zusteuern. Dahinter ein Hafen. doch es ist nicht der von Baldur’s Gate. Ich kenne den Hafen nicht. Dieses Ungeheuer taucht auf, greift das Schiff an, genau wie hier. Die Crew kämpft tapfer doch mit seinen acht Armen zieht es das Schiff in die Fluten.»


Als wir aus dem Zelt wieder ins Sonnenlicht treten, schreibt ein junger Tabaxi, mit dem sich Tappser unterhalten hatte, ihm etwas in die Tatze. Er scheint von ihm angetan. Wow, noch ein Tabaxi!

Eine Stunde später fanden wir uns wieder bei der Kampfschule mit unseren Tiergefährten vereint. Silvie hatte leider nichts zu erzählen. Sie hatte die Stunde im Baum gewartet und es war nichts geschehen. Zora hatte die Küche gefunden und ein kleines Schlafgemach. Noch einen leeren Raum hatte sie erkundet, darin standen allerdings nur zwei Wandschränke. Das Esszimmer und den leeren Raum mit dem Vorhang hatte sie auch gefunden, kam aber leider nicht weiter. Nach der Treppe ins Obergeschoss war ihr leider auch der Weg versperrt, dort schienen aber noch mindestens zwei weitere Zimmer zu sein.

Plötzlich ging Tappser an uns allen schnurstracks vorbei, wieder hinein ins Haus. Wir blieben alle etwas verdattert stehen. Nach kurzer Zeit kam er aber etwas enttäuscht dreinblickend wieder hinaus. Er hatte sich noch eine Trainingseinheit abholen wollen, sollte aber diesmal blechen. Ausserdem sollte es zwei Stunden dauern. Nein, wir hatten ja noch ein Date mit einem gewissen Seeungeheuer heute, so lange hätte er nicht Zeit gehabt.
Auf dem Weg nach draussen hatte er sich unauffällig auf lautlosen Katzentatzen im Haus umgesehen. Im Obergeschoss war ein halbleerer Raum mit einem Kinderbettchen und zwei weiteren Schränken. Verdächtig war da wohl nichts.

Wir kamen da nun also erst mal nicht weiter. Da es langsam Abend wurde, beschlossen wir, wieder zum Hafen zu gehen, etwas zu essen und uns zu erkundigen, ob wir heute Abend mit einer neuen Crew wieder in See stechen konnten.Anscheinend hatte der Kommissar tatsächlich noch ein paar Todeswillige gefunden. Wie am Tag zuvor sollte es um die 17. Stunde wieder losgehen.

Bild von Vlad Mineev auf Pixabay

Kaum auf See, griffen uns sofort wieder Tentakel an und zerstörten erst einmal gleich ein Segel. Es sah schon nach wenigen Minuten richtig schlecht aus.
Doch irgendwie gelang es uns, die restlichen Tentakel  alle abzutrennen. Diesmal hat die Crew sogar tatkräftig mithelfen können und war nicht nur herumgerannt, um das Schiff notdürftig zu reparieren (nicht, dass ich zu mehr fähig gewesen wäre…).
Wir drehten noch eine Runde um sicher zu gehen, dass wir kein Tentakel übersehen hätten. Keine Tentakel mehr in Sicht.
Doch als wir gerade siegessicher wieder zum Hafen zurückkehren wollten, taucht der riesige Kopf der Kreatur auf. Mitten in einem erstaunlich kurzen Kampf – das Ungeheur war wohl angeschlagener, als wir gedacht hatten – trifft Tappser mit einem gut gezielten Schuss mitten ins Auge des Kraken. Mit einem Seil springt er auf ihn drauf, sitzt bis zu den Knien im Wasser, doch kann er den Kopf nicht am Schiff anbinden. Das Monster versinkt in den Tiefen und der Tabaxi zieht sich patschnass am Seil wieder an Bord. Der Sieg ist unser.


Wir kehren unter lautem Jubel siegreich in den Hafen ein.»Die Stadt kann endlich aufatmen! Ihr habt euch eure Belohnung redlich verdient!», und wir erhalten je 70 Gold vom Kommissar. Mehr als versprochen war!Zurück im Nixhund, hatte ich einfach nur Hunger. Diese salzige Meeresluft regt doch sehr den Appetit an. Ich bestellte eine riesige Portion Kartoffeln und stopfte mich und meine Tierchen voll. Die Kunde des besiegten Meerungeheuers hatte sich auch wie ein Lauffeuer schnell durch die Stadt verbreitet. Der Wirt vom Nixhund gesellte sich zu uns und war sehr beeindruckt von unseren Taten. Wir mussten uns also noch etwas als Helden feiern lassen, bevor wir uns in unsere Zimmer zur verdienten Nachtruhe zurückziehen konnten.

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