Würfel
Kurzgeschichten,  Rollenspiel

Yara 3 – Schmuggelware

Tara und Cinar stabilisierten mich nach dem Kampf mit dem Barbed Devil und der Banshee noch in der Ruine. Nach einem regenerativen Schlaf von acht Stunden war ich auch wieder einigermassen auf den Beinen. Total verspannt nach dem langen Liegen auf dem Steinboden aber hey, ich war nicht gestorben! Sehr positiv. Anscheinend lief in den Ruinen immer noch ein uraltes Ritual, das diese ganzen Monster, die den Tempel bewachten heraufbeschwor. Die zwei leuchtenden schwebenden Kugeln, die Cinar und Tappser zerstören konnten, waren die Energiequelle dafür. Nachdem wir das Ritual unterbrochen hatten, ging die Tür nach Süden auf und Tara und ich konnten auf direktem Weg wieder in die Eingangshalle rein und unsere Tiere zu uns rufen. Endlich war ich wieder mit Silvie vereint.

Gleichzeitig machte Cinar schon mal die Tür, die hinter der ersten Energiekugel gelegen war auf. Dahinter fanden er und Tappser einen Tisch mit einem Münzberg und zwei relativ kleinen Truhen. Tappser knackte die erste Truhe und fand einen unscheinbaren Lederbeutel. Auf den ersten Blick war dieser leider leer. Auch die zweite Truhe knackte Tappser mit Leichtigkeit, Cinar blickte hinein und sah, dass da drin ganz viele kleine Alchemiefläschchen standen, neben alten verwelkten und vertrockneten Kräutern. Von den Fläschchen schienen einige noch ganz brauchbar zu sein. Fünf mit roter Flüssigkeit, eine mit klarer, dicker Flüssigkeit mit Silberflöckchen. Bei den fünf roten Fläschchen handelte es sich um grosse Heiltränke. Tappser erkannte die letzte Flasche als Oil of sharpness, ein Öl, dass eine Waffe für eine Stunde schärft. Was es nicht alles gibt! Das unscheinbare Ledertäschchen, erkannte er ausserdem, war ein unendlicher Beutel (man muss sich allerdings genau dran erinnern, was man reingesteckt hat). Tappser packte einen Stuhl in den unendlichen Beutel…warum auch immer.Der Goldhaufen war ein ordentlicher Berg auf diesem kleinen Tischlein, offensichtlich war es auch nicht verzaubert. 250 Gold lagen auf dem Haufen, wir teilten es untereinander auf. Tappser legte noch ein kleines rotes Juwel hinzu, welches er in einem vorherigen Raum gefunden hatte.

Es stellte sich heraus, dass wir gezwungen waren, über den Hauptraum wieder rauszugehen. Die Türen für den Weg, auf dem wir gekommen waren, waren nun verschlossen. Über das Podest kletterten wir also wieder hinunter in die runde Eingangshalle. Ich fiel natürlich entgegen meiner naturgegebenen Grazie runter, während alle anderen elegant hinunterglitten. Autsch.Als wir gerade nach draussen kamen, sahen wir schemenhaft, dass sich die Landschaft draussen verändert hatte. Wir wurden von der Abendsonne geblendet, aber einmal draussen angekommen erkannten wir ein paar Blutzspritzer und Leichen! Was?!?

Direkt vor dem Eingang standen eine Frau und ein Mann, die offenbar nur auf uns gewartet hatten, so gierig und erwartungsvoll starrten sie auf den Ruineneingang. Die Frau meldete sich auch sofort zu Wort: «Soso, so kommt das Vieh endlich zum Schlachter.»
Etwas weiter hinten, an einen Baum gelehnt erkennen wir eine kleine Gestalt. Troy.
«Ihr habt etwas, was unserem kleinen Freund gehört.»
«Wir haben gar nichts was euch gehört.», faucht Cinar sie an.
Doch die Frau bleibt ruhig: «Gebt uns die Kette und ihr könnt gehen.»
Die beiden Erwachsenen sehen sehr zwielichtig aus. Troy steht fast schüchtern wirkend am Baum, doch in seiner zurückhaltenden Ausstrahlung ist auch Hass und Wut auf uns zu erkennen. Im Baum sitzt eine pechschwarz glänzende Krähe, die uns auch neugierig anschaut. Der Mann und die Frau sind blutverschmiert, auch um ihre Münder herum. Eine der herumliegenden, angeknabberten Leichen ist Mia. ‹Nicht Mia!›, schiesst es mir durch den Kopf. Elendige Ghule! Warum gibt es diese Dinge überhaupt, die nur durch ihre Existenz die Heiligkeit des Lebens beschmutzen?

Photo by Valentin Petkov on Unsplash

Troy scheint aber mit irgend etwas nicht wirklich einverstanden zu sein und sich auch unwohl zu fühlen. Tara und ich tauschen einen Blick aus. Sie hat es auch gespürt! Doch bevor wir ein Wort an Troy richten können, fangen meine Gefährten an, ihre Waffen zu ziehen. So nehme auch ich mein Kurzschwert und meinen Schild vom Rücken. Die Frau verzieht amüsiert ihr Gesicht: «Ihr wollt euch mit der Triade des Mondes anlegen? Seid ihr euch sicher?»»Die Triade des Mondes? Ha!», entgegnet Cinar, «Umso besser! Ihr seid nichts als Abschaum der Ghul-Schattengesellschaft, wo ihr auch nur auf Verachtung stösst. Kannibalen!» Da hatte sich Troy ja reizende Gesellschaft ausgesucht. Die Triade des Mondes war wohl eine mächtige Schattengangsterbande unter der Schattengesellschaft der Ghule. Aber eine mächtige Organisation. Und Kannibalen, die sogar ihre eigenen Mitghule assen. Widerlich.

«Ihr lasst euch also nicht auf den Deal ein? Dann haben wir wohl keine andere Wahl», richtet die Frau wieder das Wort an uns und greift gleichzeitig Cinar an. Glücklicherweise prallt sie aber ab.Tappser startet einen seiner blitzschnellen Angriffe auf den Mann und schneidet ihm klaffende Wunden ins Fleisch. Der Mann grinst ihn nur an, während die Katze sich schnell wieder zu uns zurückzieht. Tara lässt einen ihrer zuckenden Blitze auf die Frau zuschnellen und schiesst ihr tatsächlich das untote Ohr weg. Auch sie grinst seltsamerweise lüstern, während sie verletzt wird. Ich versuche, einen Zauber auf mein Schwert zu wirken. Doch aus dem Augenwinkel erkenne ich, wie Troy ihn mit einer kleinen Handbewegung aufhält. Immerhin treffe ich die Frau trotzdem noch ziemlich heftig, worauf Troy einen zuckenden Blitz auf mich losschiesst.
Plötzlich fliege ich durch die Luft und komme ganz schön übel mit dem rechten Fuss auf, sodass ich kaum mehr auftreten kann.
Währenddessen lächelt der Mann Tara lüstern an und versucht sie, mit seinem Streitkolben anzugreifen. Zum Glück bleibt es bei dem Versuch.
Als nächstes greift Cinar die Frau mit seinem brennenden Grossschwert an, doch sie kann es abwehren und schneidet mit ihren beiden Dolchen Cinar ins Fleisch. Lächelnd, als wäre das alles nur ein Spiel.
Da kommt Tappser auf die Frau zugerannt, fügt ihr im vorbeirennen ein paar Schnitte mit seinen Dolchen zu und rennt weiter bis hinter den Brunnen. Dahinter geht er schnell in Deckung und verschmilzt mit der Umgebung.
Dieses Mal trifft Tara die Frau mit ihrem Blitzzauber. Sie scheint etwas geschwächt.
Langsam komme ich wieder auf meine Beine und humpel auf die Frau zu, fest entschlossen es zu beenden. Zuerst hau ich ihr die Beine weg, sodass sie kniend vor mir aufkommt. Dann stecke ich ihr mein Schwert von oben in den Kopf. Es gleitet ganz einfach rein, als wäre der Knochen aus Gummi. Die Frau ist endlich tot.
Nun scheint Troy so aufgebracht, dass er mich mit seinem nächsten magischen Geschoss zwar verfehlt, aber er schafft es, mich zu verfluchen. Doch der Kampf ist noch nicht vorbei. Der Mann holt mit seinem Streitkolben aus und trifft Tara gegen die Schulter.
Schnell rennt Cinar auf ihn zu und enthauptet den Mann.
Nun ist nur noch Troy übrig. Und die Krähe, die im Baum hockt.
Schnell verlässt Tappser seine Deckung und rast auf den Jungen zu: «Troy, du hattest die Möglichkeit zu fliehen!», ruft er, während er sich auf den Boden wirft und Troys Achillessehnen durchschneidet. «Gib einfach auf, dann können wir darüber reden!».
«Ich will nur meine Kette wiederhaben!», Troy ist wütend. Sehr wütend.
Tara macht ein paar Schritte auf Troy zu, in ihren Händen blitzt schon die Zauberenergie für ihren Angriff auf, doch Troy hebt seine Hand und … ihr Zauber verfliegt. Der Rabe im Baum kräht auf und lässt sich hinunter auf Troys Schulter gleiten. Plötzlich sind die beiden von einem schwarzen Nebel umgeben, woraus die Krähe auf und davon fliegt. Troy ist weg. Der Kampf ist vorbei.

Wir durchsuchten das Lager – oder was davon übrig war – nach Überlebenden. Leider ohne Glück. Die armen Menschen. Da Mia ihm ihren Hut sowieso versprochen hatte, nahm sich Tappser diesen traurig. Brauchen konnte Mia ihn eh nicht mehr. Arme Mia. In ihrem Zelt fand ich nur ein paar Notizen und zwei Säckchen mit Gold. Eins davon war beschriftet. «Für die Abenteurer» stand darauf, gefüklt mit 375 Gold. Das zweite Sächcken war wohl die Gruppenkasse der Ausgrabung. 60 Gold befanden sich darin. 

Wir entschieden uns dazu, alle möglichen Beweise in unsere unendliche Tasche zu stecken, brachten die ganzen Leichen schweren Herzens auf den Karren, deckten sie zu und machten uns auf den Rückweg nach Baldur’s Gate. Nachdem wir durch die Nacht gefahren waren, kamen wir dort auch im Morgengrauen an. Den Torwachen am Sphinxtor erzählten wir im Groben, was wir erlebt hatten, woraufhin diese uns Geleit zur Wachtzitadelle gaben. Dort begrüsste uns unser alter Bekannter, der Wachtkommissar, erschrocken: «Was ist denn passiert?» Wir erzählten ihm von unserem Kampf gegen die Triade des Mondes. 
«Das sind wirklich schlechte Nachrichten muss ich sagen», er war betroffen. «Nicht nur, dass die Ghule bei der Triade Zuflucht suchen, sonder auch, dass diese so offensichtlich handelt. Natürlich dürft ihr eure Belohnung behalten, den Rest lassen wir den Familien zukommen.»

Natürlich wollten auch wir dazu unseren Beitrag leisten, und Steckten uns alle nur einen Teil des Goldes ein (ausser Tara) und spendeten den Rest den Familien. Zum Leidwesen Tappsers war auf Mitglieder der Triade des Mondes kein Kopfgeld ausgesetzt.
«Und das lassen wir auch besser so bleiben», meinte der Kommissar verlegen lachend, «wir wollen uns nicht mit den Ghulen der Stadt anlegen. Es ist allerdings ein Kopfgeld auf einen Schmuggler ausgesetzt. Zuletzt hat er 200 seltene Stachelschildkröten geschmuggelt. Die Lieferung kam zwar nicht an, aber der Schmuggler ist uns leider entwischt.»
Manche Menschen wollen es wohl nicht verstehen, dass die Natur in einem empfindlichen Gleichgewicht ist und müssen dieses mit allen Mitteln und ihrer Geldgier zerstören, denke ich wütend. Stachelschildkröten sind doch so majestätische Geschöpfe! Gerne wollten wir uns diesem Schmuggler annehmen. 

Zuerst aber begaben wir uns zum Markt, um zu essen und den kleinen roten Stein schätzen zu lassen. Nach einer Pilzpfanne mit viel Gemüse und einem Kilo Kartoffeln ging es Silvie und mir auch schon etwas besser. Beim Essen war mir der Tierhändler wieder eingefallen, dem tara und ich auf der Suche nach Edgar begegnet waren. Ich zupfte Cinra am Ärmel und erzählte ihm von dem Händler. Vielleicht wusste dieser ja etwas über Stachelschildkröten. Doch wir konnten den Markt nicht verlassen, ohne das kleine rote Juwel begutachten haben zu lassen.
«Ohh! Ein prächtiges Stück!», rief der Juwelier aus, dem wir das Juwelchen gezeigt hatten, «aber ein Riss in der Mitte! Das schmälert den Wert. Aber eine Kette oder einen Ring kann man da bestimmt draus machen. Was schwebt euch denn vor? Eine kleine Kette für die Dame mit den Hörnern?»
«Was könntet ihr denn damit machen, das uns beim Überleben oder im Kampf helfen könnte?», wollte Tappser wissen.
«Man müsste ordentlich was abschleifen, eine kleine Kette könnte man daraus machen. Das wird zwar nicht billig. Ich könnte es euch auch abkaufen oder ich mache eine Kette draus, die ihr dann noch verzaubern lassen müsstet, zu einer «Necklace of Fireball», dann könntet ihr mit der Kette einmal einen Feuerball werfen.»Das war uns dann doch zuviel Aufwand und Kosten für nur einen einzigen Feuerball. Wir entschieden uns, das Juwel zu verkaufen. Der Juwelier gab uns dafür 800 Gold und eine Tasse Tee für Tappser, der die Verhandlungen geleitet hatte. Den Erlös verteilten wir untereinander.

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Nun aber ab zur Erledigung unserer nächsten Aufgabe. Wir machten uns vom Marktplatz auf zum zwielichtigen Tierhändler. Da dieser vor nur wenigen Tagen eine etwas unschöne Begegnung mit Tara und mir hatte, liessen wir Cinar und Tappser vorgehen. Der Händler hatte wohl seinen Rattenkäfig in der Zwischenzeit neu aufgefüllt. Gelernt hatte er wohl nichts. Zuvor hatte ich Tappser noch alles Wissenswerte zur Stachelschildkröte erzählt. Mit diesem Wissen gewappnet, machen sich Cinar und er auf zum Händler.
Ein Rabe sass auf den Käfigen. Nachdem er Cinar eingehend gemustert hatte, flog er davon. Der Händler verriet den beiden, dass sie sich im Nordbezirk umsehen sollten, wenn sie dieser spezielle Art von Schildkröte habhaft werden wollten. Um nicht zu verdächtig zu wirken, kaufte Tappser dem Händler eine kleine Schildkröte ab, bevor die beiden wieder zu uns zurückkommen. Plötzlich hatte ich ein grinsendes Katzengesicht vor mir und die kleine Schildkröte in der Hand. Ein neuer Freund!

Wir machen uns also auf, durch die Stadt nach Norden, zu dem Haus, das der  Tierhändler Tappser beschrieben hatte. Tara und ich versteckten unsere Tiergefährten, bevor wir anklopften. ich versprach, mir meine Tierliebe nicht anmerken zu lassen und machte ein ernstes Gesicht. Tappser ging vor und klopfte. die Tür ging auf und eine Gestalt trat heraus. Tappser brachte sein Anliegen vor. die Gestalt wollte Geld sehen. 1000 Gold. Die humanoide Katze und ich zeigten unsere Geldbörsen. der Herr verschwand im Haus und kam tatsächlich mit einer Stachelschildkröte wieder! Sie sah aber nicht gut aus. ganz abgemagert. Nach einem Vorwand suchend, verneinten wir also unser Interesse. Bevor er sichs versah, hat der Kerl auch schon ordentlich eine Schelle bekommen. Leider war diese wohl nicht stark genug, denn der Mann schaffte es, sich ins Innere zurückzuziehen und uns die Tür vor der Nase zuzuschlagen.
Von drinnen hörten wir noch: «Leute, wir sind aufgeflogen!», bevor Cinar die Tür eintrat. «Sie sind drin!», eine andere gehetzte Stimme.
Und tatsächlich waren wir schnell drin und machten der völlig überraschten Bande schnell den Garaus:
Während ich mich mit dem Kerl direkt hinter der Tür befasste, schnitt Tappser einem anderen Banditen die Kehle durch. Plötzlich werden wir von allen Seiten angegriffen. Da waren doch mehr Schmuggler, als gedacht in dem Häuschen. Tappser entledigt sich schon eines weiteren Typen, während Tara einem anderen den Kopf durchlöcherte und der Wand einen neuen Anstrich verpasste. Cinar brach das Herz eines weiteren Gegners.
Einer, der den Kampf nur knapp überlebt hatte, entkam in ein Nebenzimmer. Tappser hinterher. Das Zimmer war zwar leer, aber eine Treppe führte darin nach unten. Dort stand der Anführer der Schmuggler, dem Tappser nun ganz alleine gegenüberstand. Doch nicht lange. Nachdem er den letzten Lakaien des Bandenbosses erledigt hatte, hüpfte er behände die Treppe wieder hinauf, um uns ins Bild zu setzen. Wir hatten uns gerade der letzten Gegener entledigt und waren bereit für den Bosskampf.

Wir erreichten den Keller gerade als der Anführer in einen Fluchttunnel zu entschlüpfen suchte. Nach einem aufreibenden letzten Kampf konnten wir den Schmugglerboss dann doch gefangen nehmen. Im Keller fanden wir einen kleinen Heiltrank, den sich Tappser einsteckte und zwei grüne Drachenschuppen. Ein paar seltene geschmuggelte Tiere konnten wir auch befreien.

Photo by Art of Hoping on Unsplash


Nach getanem Werk konnte ich mir endlich etwas Zeit für meinen neuen Freund nehmen. Maturin wollte die kleine Schildkröte genannt werden. Auch meine Beziehung zum Tod hatte sich verändert. Ich kam wohl oder übel etwas besser mit ihm klar. Der Verlust von Mia schmerzte zwar. Ob ich dabei war, abzustumpfen? Denn ein wenig fand ich jetzt sogar Gefallen am Kämpfen, vor allem daran, meine Gefährten zu unterstützen und ihre Verletzungen zu heilen. Mal sehen, welche Abenteuer noch alles vor uns lagen…

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